Infos über Gelsenkirchen
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dem Text
Von 1958 bis 1970 lebten
wir,
Angelika und ich,
mit unseren Angehörigen in
ein und demselben Haus
in der Albenhausenstraße in
Gelsenkirchen-Bismarck. Die sehr ruhige Lage des Haus wurde nur
gelegentlich von der hinter dem Haus auf einer bepflanzten Böschung vorbeifahrenden Zechenbahn
gestört. Diese Bahn transportierte Kohlen und Koks von der Zeche
Consol zum Hafen Wanne-Eickel. Angelika wohnte links, ich rechts,
bevor wir nach unserer Heirat für kurze Zeit in Essen-Dellwig lebten.
Angelika war Arzthelferin, ich war Eisenbahner im
Hauptbahnhof,
von dem man u.a. nach Paris, Kopenhagen, Athen, Wien und Istanbul
reisen konnte, und zwar ohne umzusteigen.
Seit 1975
sind wir in
Essen-Kettwig zu
Hause. Gab es zu unserer Zeit zwei Postleitzahlen (465 für Gelsenkirchen
und 466 für GE-Buer), so gibt es gegenwärtig 13. Wir merken daran, dass
nicht alles einfacher geworden ist.
Um 1958 und schon viel früher war die Großstadt
Gelsenkirchen eine Hochburg der Stahl-, Glas-, Benzin- und Kohleproduktion, und
sie wurde respektvoll die "Stadt der tausend Feuer" genannt.
Die
Löhne im Bergbau waren gut, aber Hunderte von Männern verloren "unter Tage" in
tausend und mehr Metern Tiefe bei ihrer schweren Arbeit ihr Leben, so
auch Angelikas Vater, der 1957 in der Zeche Consolidation von
Gesteinsmassen erschlagen wurde. Vier Kinder waren plötzlich vaterlos.
Viele Bergmänner litten unter lebensbedrohenden Krankheiten,
die einen frühen Tod garantierten: Lungenkrebs und die berüchtigte
"Staublunge", auch bekannt als Silikose.
Die Fabrikschlote und an die hunderttausend Kamine der mit heimischer Kohle befeuerten
Küchen- und Wohnzimmeröfen
qualmten ungehindert vor sich hin, Kokereien und Chemiewerke stießen ihre Schadstoffe aus.
Pures Gift in ihrer Atemluft umgab die Menschen. Das Blau des Himmels
war nur selten zu sehen. Auch schneite es zuweilen dicke Flocken
schwarzen Staubes. Die Lebensqualität ging gegen Null, während vor allem
die "sauberen" Bundesländer im Süden und Norden Profit aus den
Überlebenskämpfen der Menschen im "Kohlenpott" zogen. Viele Bergleute
verbrachten dort mit ihren Familien den Urlaub und gaben Teile ihres
qualvoll verdienten Geldes dort aus, während die Industriestädte an Ruhr
und Emscher touristische No-Go-Areas waren. Das
Ungleichgewicht sollte sich aber bald ändern, denn Willy Brandt legte
1961 den Finger in die Wunde:
"Erschreckende Untersuchungsergebnisse zeigen,
dass im Zusammenhang mit der Verschmutzung von Luft und Wasser eine
Zunahme von Leukämie, Krebs und Rachitis (...) sogar schon bei Kindern
festzustellen ist. Der Himmel über dem Ruhrgebiet muss
wieder blau werden."
Die letzte
Zeche in NRW wurde allerdings erst in diesem Jahr, fast 60 Jahre nach Brandts
Forderung, geschlossen!
In Konkurrenz zur Kohle traten
irgendwann das billigere Heizöl und die Atomkraft an. Der
Teufel wurde unwissentlich mit dem Beelzebub vertrieben. Und wer hätte
es je für möglich gehalten, dass Jahre später die aus über 18.000 km
Entfernung mit Schiffen herbeigeschafften Kohlen aus Australien hier
weniger Geld kosten würden als unsere?
Der Teufelskreis ist immer
noch nicht geschlossen, weil jetzt auch hier das Verfeuern der höchst umweltschädlichen
Braunkohle für die Erzeugung von Strom unter dem Diktat der gegenwärtigen
Politik in NRW bevorzugt wird. Die Windkrafträder haben dagegen nicht
nur in der Politik einen aussichtslos schweren Stand - weil sie nicht
schön sind, gelegentlich ein Rauschen verursachen und seltene Vogelarten
verärgern könnten.
Sankt
Florian lässt grüßen! Da fragt man sich unwillkürlich, was es ach so Liebliches an
den CO2-Schleudern, den Kohlekraftwerken, und an den vom Abbau der
Braunkohle zerstörten Landschaften
und an den vernichteten Wäldern zu
sehen gibt.
1959 weilten 391.000 Menschen in diesem Ort, und es wurde damit
spekuliert, dass demnächst 400.000 und mehr
dort wohnen würden. Doch es kam anders! Nur etwa 259.600 Leute nennen sich aktuell
noch Gelsenkirchener.
Durch den
Niedergang des Bergbaus
("Zechensterben") und der Stahl- und
Zulieferindustrien sowie durch die Schließung von Großbetrieben verlor
Gelsenkirchen bis heute 131.000 Menschen. Größtenteils hatten sie die
Stadt mangels Arbeit und Perspektive verlassen, andererseits blieb ein
nennenswerter Zuzug von Neubürgern weitgehend aus.
So einen gewaltigen Aderlass hatte es zuletzt während
des 2. Weltkrieges gegeben, als Gelsenkirchen in kurzer Zeit die Hälfte
der Bevölkerung (von 320.000 sank sie auf 160.000) einbüßte.
Die
Stadt bemüht sich sehr,
moderne Industrien anzusiedeln und sich in Forschung,
Dienstleistungsbereichen und
vor allem in zukunftssicherer Technik zu etablieren. Dennoch ist
die Zahl der Arbeitslosen unverändert dramatisch hoch.
Die von der Montanindustrie geräumten
Flächen wurden vielfach in freizeitwertige Areale umgewidmet. So beträgt
aktuell der Anteil an Park- und Vergnügungsflächen 10% und an Wald- und
Ackerflächen sogar 25% des 105 qkm großen Stadtgebiets. Hierdurch und
durch den Wegfall der Emissionen aus den Dreckschleudern, den zahllosen
Kaminen, ist die Luft rein, die Lebensqualität
gestiegen.
Gelsenkirchen misst in den
größten Ausdehnungen vertikal 17 km und horizontal 11 km. An der 68 km langen
Stadtgrenze siedeln die Städte Essen, Gladbeck, Dorsten, Marl, Herten,
Herne und Bochum. Siehe Plan auf
Gelsenkirchen_2.
Wir statteten am mehreren Tagen unserem ehemaligen
Wohnort Besuche ab. Auf Anhieb stellt der Besucher fest, dass es sehr
schöne Gegenden in dieser Stadt gibt. Diese machen die Stadt liebenswert
und für Besucher attraktiv. Unsere Bilder sind unten aufgeführt.
Für uns
war es aufregend, nach 50-jähriger Abwesenheit von unserem Stammlokal (Tigges am Musiktheater) dort mal wieder ein, zwei Bierchen
trinken zu können. Mit Freude stellten wir nebenbei fest, dass es in
Gelsenkirchen wieder ein eigenes Bier gibt, und zwar ein GE-Bräu und ein
GE-Söff. Das
ist ein Indiz dafür, dass es mit der Stadt bergauf geht.
Glückauf
hieß die ehemalige Brauerei, die von 1887 bis 1980 produzierte.
Alle
unten abgebildeten Sehenswürdigkeiten erreichten wir bequem mit
Verkehrsmitteln des ÖPNV und unseren tapferen Füßen. Leider waren wir
wegen der
Corona-Seuche
in unserer Bewegungsfreiheit etwas eingeschränkt. Uns war es daher nicht
möglich, im Abendlicht von dem beleuchteten Musiktheater eine Aufnahme
zu machen. Wir hoffen, das 2021 nachholen zu können.
Wir haben die
Fotoserie im Sommer 2021 fortgesetzt.
Zu den Bildern:
Klicken Sie
auf die kleinen Fotos, um sie vergrößert darzustellen und die
Bildbeschreibungen lesen zu können. Die Auflösung der Bilder beträgt in
der Regel 1280px. Daher ist die Betrachtung mit einem Tablet oder
Monitor ratsam. Weitere Fotos sind als Link unter
einigen Bildern abrufbar (dunkelblaue Schrift).
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