Reisebericht Türkei. 6. Teil

Ephesos 1966

Ich schreibe an dieser Stelle über Ephesus, das ist die lateinische Schreibweise, nicht, weil ich die Geschichte dieser historischen Stätte neu aufrollen möchte. Auch will ich nicht das Wissen von Reiseführern, Prospekten oder Büchern abschreiben und als eigenen Text ausgeben. Alle Gelehrten sind sich über die Bedeutung der Stadt und deren Wert für das heutige Europa und für die Entwicklung des Christentums einig. Mein Anliegen ist, Ihnen zwei Bücher zu empfehlen, die die Stadt Ephesos, das ist die griechische Schreibweise, und die gesamte Region hervorragend und sehr unterhaltsam beschreiben. Es sind "Frühe Stätten der Christenheit" und "An den Küsten des Lichts" von Peter Bamm.

Wie immer war es sehr heiß, auch als wir unseren Ausflug in das nahe Ephesos unternahmen. Am Vorabend (Variation 1) hatten unsere türkischen Freunde von unserem Besichtigungsplan erfahren. Deshalb stand morgens ungerufen ein spezielles, kostenloses Taxi für uns bereit. Es fehlte ihm die Tür vorne rechts am Beifahrerplatz. So hatten wir nicht nur eine sehr preiswerte, sondern auch eine sehr luftige Fahrt, die uns die hohe Temperatur während der 20 Kilometer langen Strecke nicht spüren ließ. Das Auto stand uns für den ganzen Tag zur Verfügung. So waren wir nicht auf Ephesos fixiert; wir konnten auch über eine gewundene Straße fünf Kilometer weiter in Richtung Südwesten hinausfahren, zu dem Wohnhaus, in dem einst Maria, die Mutter des Jesus von Nazareth, gewohnt haben und gestorben sein soll. In Meryemana, so lautet der türkische Name für das "Haus der Mutter Maria", treffen sich heute Krethi und Plethi. Rolf und ich waren damals die einzigen Besucher an diesem Heiligtum. Auch standen wir an dieser berühmten Wiese namens Asia, dort an dem kleinen Fluss Küçük Menderes (antiker griechischer Name Kaystros), die einem ganzen Erdteil ihren Namen gegeben hat: Asien.

Es ist schon erstaunlich, dass Ephesos, eine Stadt mit einer derartigen Bedeutung und einst mit vermutlich 200.000 Einwohnern eine der größten Metropole der Welt, von ihren Bewohnern aufgegeben und verlassen wird und innerhalb weniger Jahrhunderte verfallen und in Vergessenheit geraten kann. Damals war Efes, wie die Türken diese Stadt nennen, eine Hafenstadt. Noch im Jahre 1611 bemerkte der schottische Reiseschriftsteller William Lithgow: „Das Erste, was wir auf der Fahrt entlang der ionischen Küste sahen, waren die Ruinen der Stadt Ephesus…“ Heute liegt die Küste acht Kilometer weit weg.

Der Philosoph Heraklit ("Der Krieg ist der Vater aller Dinge", lebte ca. 520 - 460 v. Chr.) stammt aus Ephesos. Er verfluchte die Epheser und forderte sie auf, sich Mann für Mann zu erhängen und den Kindern die Herrschaft zu überlassen (Luciano De Crescenzo). Vielleicht setzten seine Mitbürger Jahrhunderte später diese Aufforderung in die Tat um?

Ephesos beherbergte eines der Sieben Weltwunder der Antike, den Artemis-Tempel, von dem heute nur noch eine Säule zu sehen ist. 262 n. Chr. wurde der imposante Bau von den Goten zerstört, und die Bewohner verwendeten die Steine der Ruine zum Bau ihrer Häuser. Die Archäologen haben im Laufe der Zeit viele prachtvolle Gebäude aufgedeckt und wieder aufgebaut. Ein Ausflug dorthin lohnt sich allemal. Einsamkeit werden Sie allerdings kaum vorfinden, denn heutzutage besuchen jährlich mehrere Hunderttausend Touristen die Stadt. Sie ist damit eine der Hauptanziehungspunkte der Türkei geworden und gewinnt so einen Teil ihrer alten Bedeutung wieder.

Rolf fotografierte unseren Besuch fleißig. Aber nicht so übermäßig wie jener Bottroper, der mehr als 30 Diafilme verbraucht hatte ("wegen des Schwundes").

 

Fortsetzung 7. Kapitel: Das nahende Ende und die Rückfahrt

 

Zurück zur Startseite

 

Zur Website von Heinz Albers 

 

(Den vollständigen Bericht können Sie in meinen Büchern lesen)