Die Theodosianische Landmauer in Istanbul
Über eine Länge von etwa 20 km erstreckte sich dieses gewaltige
Bauwerk vom Goldenen Horn bis ans Marmarameer.
Für Feinde war schon der Anblick dieses
Bollwerks ein Schock. Es war 1000 Jahre lang uneinnehmbar. Zunächst
trafen Angreifer auf einen 20 m breiten Wassergraben, dahinter stand
eine niedrige Mauer und dahinter war ein Laufweg zur Verteidigung des
Grabens. Erst dann kam eine 8 Meter hohe und mit 82 Türmen versehene
Vormauer. Danach erst stellte sich die 5 Meter dicke und bis zu 12 m
hohe Hauptmauer mit 96 Türmen in den Weg. Hier sehen Sie eine
schematische Darstellung des Systems:
Mit den herkömmlichen Waffen war die Konstruktion
ein Trauma für jeden Kriegsherren. Jeder Angriff war bis dahin
gescheitert. Bis Sultan Mehmed II. in die Geschichte eingriff und 1453
die Mauer entscheidend schwächen und Konstantinopel erobern konnte. Er
war zu diesem Zeitpunkt 21 Jahre alt. Wie konnte ihm das gelingen?
Mehmed ließ vermutlich in Ungarn Kanonen bauen, wie sie die Welt noch
nicht gesehen hatte. 600 kg schwere Kugeln konnten von diesen Ungetümen
abgefeuert werden. Der Transport dieses Monstrums von Ungarn bis
Konstantinopel war eine logistische Glanzleistung. Fünfzig Paar Ochsen
und unzählige Holzrollen waren zum Transport erforderlich. Feldwege
mussten präpariert werden. Nachdem die erste Kanone den Weg passiert
hatte, war er ruiniert und musste für die weiteren Transporte immer
wieder erneuert werden. Die Kanonen, die täglich sechs Kugeln abfeuern
konnten, leisteten die gewünschten Ergebnisse, nämlich Konstantinopel
sturmreif zu schießen. Interessant ist, dass es Christen waren, die die
Geschütze lieferten, um dem Islam am 29.05.1453 den Sieg zu ermöglichen.
Es sollen nicht
nur diese
erzenen Giganten entscheidend für die Erstürmung der Mauer gewesen sein, es war
angeblich ein
versehentlich offengelassenes Tor in der zweiten Stadtmauer. Diese
"Kerkaporta" soll den Janitscharen das Eindringen erleichtert haben. Sie fielen den
Verteidigern in den Rücken, Konstantinopel war besiegt und türkisch
geworden. Diese Variante mit der offenen Tür ist historisch nicht
belegt. Wie dem
auch sei: 150.000 Angreifer durften drei Tage lang die Stadt plündern.
Das Ende des tausendjährigen Byzantinischen Weltreichs war besiegelt. Es
war 395 aus dem Oströmischen Reich hervorgegangen. Byzanz war aber schon
lange vor 1453 untergegangen. Die größte Ausdehnung erreichte das
mächtige Land
im 6. Jh. unter Kaiser Justinian I. Zu diesem Zeitpunkt umfasste der
Staat nahezu den ganzen Mittemeerraum. Beim Fall 1453 war er nur noch
ein kleiner Klecks auf den Landkarten. Konstantinopel, der "Goldene
Apfel", wurde danach 470 Jahre lang der Mittelpunkt eines
Vielvölkerstaates, des riesigen Osmanischen Reichs, von dem zu seiner
Glanzzeit eine Fläche von 5,2 Mio qkm beherrscht wurde. Letztendlich
ging auch dieses Reich und sogar der Name "Konstantinopel'" zugrunde:
1920 wurde er offiziell durch den Namen "Istanbul" ersetzt, und vom
Osmanischen Reich ist nur noch das Staatsgebiet der Türkei übrig
geblieben.
Die Mauer ist wegen ihrer gewaltigen Dimensionen nicht von der Landkarte
verschwunden, wenn sie auch unter Erdbeben, Bränden und Kanonen gelitten
hatte; sie wurde auch als Steinbruch für den Bau von Häusern und Straßen benutzt.
Sie musste hier und da auch der Stadtplanung weichen. Vielerorts sind die Ruinen
sehr gut restauriert worden, vor allem im südlichen Verlauf in der Nähe
des Marmarameers beim Stadtteil Yedikule.
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