Die Döneken bis zur Nr. 120 sind in dem
Zerstörer
1-Buch
veröffentlicht.
121
Unser Nato-Manöver hatten wir vorzeitig am 20. November 1963 in
Brest beendet. Wir liefen bei schwerer See durch die Irische See. Drei
Lords hatten auf Zerstörer 1 Dienst an der Spülmaschine. Zuerst fiel der
Funktionär aus, dann der 11er. So war ich alleine an der Spülmaschine.
Zum Glück kamen wegen des Sturms nicht so viele zum Backen und Banken In
Norwegen besserten wir dann unsere Sturm- und Seeschäden aus.
Erwin Krause
121a
Anknüpfend an Erwins Story möchte ich ergänzen:
Es muss Samstagnachmittag gewesen sein. Wir dampften aus Brest in
Richtung Irische See. Heinrich der Seefahrer (Geschwaderchef Heinrich
Hoffmann) fuhr auf Z 2. Von den dortigen Kameraden wussten wir, dass er
nicht ganz seefest war. H. hatte Marschfahrt 24 kn befohlen und lag wohl
in seiner Hängematte, er hatte ja mittschiffs seine Kammer. Unser Zossen
jumpte erbärmlich. Ich lag in meiner Koje, Richard Graupner über mir
(natürlich in seiner Koje!!). Der Bug tauchte in die schwere See, die
Anker schlugen gegen die Bordwand und die Schrauben drehten im flachen
Wasser. Das Schiff schüttelte sich wie ein nasser Pudel. Der Bug tauchte
weiter ein, dann war einen Augenblick Ruhe. "Richard!" rief ich, "wir
saufen ab!" Wir schnappten beide unsere Schwimmwesten und ab an
Oberdeck. Oben angekommen kam uns der IO Hillmann von der Brücke
entgegen. Ich fragte ihn, was das war. Er sagte uns, dass wir fast
untergeschnitten waren. Die Maschine wurde AK zurück gefahren. Vom Z 2
kam dann der Befehl zu einer geringeren Fahrstufe. Wir dampften und
dümpelten dann weiter durch die Irische See Richtung Kiel.
Dieter Freund
121b
Auch unser Kommandant FKpt. Goetschke hatte unter Seekrankheit zu
leiden. Und regelmäßig bei Seegang kam der Ruf über Lautsprecher
"Sanigast auf die Brücke." Aber Marken oder Wastlhuber gingen direkt ins
Sanischapp, um mit einer Schachtel Tabletten gegen Seekrankheit auf die
Brücke zu tapern. Wenn sie zurück kamen und wir sie fragten: "Der Alte?"
beantworteten sie dies mit einem zustimmenden Grinsen im Gesicht.
Peter Engler
122
Auf der Amerikafahrt 1965 hatten wir auch einen Häuptling der
Bilgenkrebse an Bord, der sich abwechselnd jedes Jahr vom 1. zum 3.
Z-Geschwader und vom 3. zum 1. Z-Geschwader versetzen ließ um seine
Freundin in den Staaten (die er während eines Aufenthaltes der Zerstörer
in den USA kennengelernt hatte) wiederzusehen. Es war eine Frau mit 4
Kindern, deren Mann in Vietnam war. Als wir also in Philadelphia
einliefen, stand die Dame schon auf der Pier um das Heizerlein zu
begrüßen. Auch in Norfolk beanspruchte diese Dame jede freie Minute des
Scharrfußes für sich. Als wir dann aus Norfolk ausliefen um nach Boston
zu fahren, sagte er sinngemäß: "Gottseidank bin ich sie jetzt los! Habe
ihr gesagt, wir führen zurück nach Deutschland." Aber er hatte nicht mit
der Schlauheit der Frau gerechnet, denn als wir in Boston einliefen
stand die Dame bereits wieder mit ihrer Kinderschar auf der Pier. Voller
Schadenfreude riefen wir dann in den Keller: "Guck mal kurz nach oben
wer auf der Pier steht." Also wurden ihm die letzten Tage auch noch
versüßt oder versauert? Peter Engler
123
Während der Überfahrt in die USA wurde seitens der Geschwaderführung
beschlossen auszutesten, wie schnell die einzelnen Schiffe des
Geschwaders fahren konnten. Bei spiegelglattem Atlantik und Sonnenschein
machte das natürlich viel Spaß. Z 1, der als taktische Nummer 3 des
Geschwaders fuhr, hatte schnell den als taktische Nummer 2 fahrenden Z 3
überholt, und wir sahen ihn bald nur noch als schwarze Rauchwolke
achteraus. Als wir auch noch das Geschwaderboot Z 2 als taktische Nummer
1 überholen wollten (lt. dem Brückenpersonal wollte unser Kommandant
gerade den Satz "Erbitten Erlaubnis längsseits zu gehen" an den
Geschwaderkommandeur senden lassen), tat es auf einmal einen gewaltigen
Schlag und aus einem Schornstein trat eine riesige schwarze Rauchwolke
aus. Gleichzeitig verloren wir an Geschwindigkeit. Wie uns später die
Heizer erzählten, war die Hauptspeisewasserpumpe ausgefallen und deshalb
wurde Notfeueraus gemacht. Peter Engler
123a
...und alle Männer auf unserem Schiff waren enttäuscht. Nicht unbedingt
wegen des entgangenen Triumphes, sondern weil der schöne Anblick der
riesigen Hecksee nicht länger andauerte. Gemunkelt wurde übrigens auch
darüber, dass die Maschine eine derart lang andauernde
Höchstgeschwindigkeit ohnehin nicht überstanden hätte. Heinz
Albers
123b
Zu den Döneken 123 und 123a möchte ich folgendes ergänzen:
Das "Feuer-aus" wurde damals von mir als Fahrmaat in K 1
durchgeführt, weil wir während der Höchstfahrt mit Überhitzer fuhren.
Ursache war: Die Turbinenfahrer in T 1 hatten das Fahrventil zu schnell
aufgerissen, so dass die Speisewasserpumpe in T 1 in die Knie ging. Mein
Wasserstandsfahrer, ein bayrischer Kraftprotz, schrie von oben durch die
Gräting: "Fahrmaat, ich kann den Wasserstand nicht mehr halten!" Ich
übermittelte dem WM in T 1, dass wir den Wasserstand nicht mehr halten
können und baten um "Feuer aus" um ein Durchbrennen der Kesselrohre zu
verhindern.
Somit endete die Höchstfahrt leider enttäuschend für die Besatzung.
Später wurde noch einmal eine Höchstfahrt in den Tiefen vor Norwegen
zwischen den Lofoten und der Barentssee mit Z 1, Z 2 und Z 3 gefahren.
Hier erreichte der Zerstörer 1 bei einer Höchstgeschwindigkeit von
36,5 Sm als erster sein Ziel. Es folgten Z 3 und in weiter Ferne Z 2.
Wolfgang Simanowski
124
Nachdem wir im November 1964 unsere U-Jagd-Übungen mit den Franzosen in
der Biskaya beendet und danach für einige Tage Brest unsicher gemacht
hatten, ging es Richtung Gran Canaria. Es war Samstagnachmittag, die
Biskaya glatt wie ein Ententeich und der Himmel blau. Ich hatte an
diesem Tage Versorgungsgast vom Dienst und vor Langeweile dachte ich,
guck doch mal in der Vorpiek, ob dort noch alles in Ordnung ist. Also
taperte ich über Oberdeck auf die Back und öffnete dort das Luk, um in
die Vorpiek runterzusteigen. Da das Wetter ja gut war, ließ ich das Luk
auch offen. Nach einiger Zeit merkte ich, dass der Dampfer anfing zu
stampfen, dachte mir aber noch nichts dabei. Urplötzlich schlug der Bug
heftig auf, ich machte einen Satz und stieß mir den Poller an dem großen
Handrad der Ankerwinde und schon rauschte jede Menge Wasser durch das
Luk, an der Vorpiek vorbei und direkt runter ins Unteroffiziersdeck, was
ein wütendes Gefluche zur Folge hatte. Also blieb mir nichts anderes
übrig, als das Luk schnellstens dicht zu machen, die Vorpiek
abzuschließen und unter Entschuldigungen den Weg durchs U-Deck zum
Achterdeck zu nehmen.
Auf der Rückfahrt machten wir auch in Gibraltar Station. Da es in der
Biskaya stürmen sollte wurde unser Auslaufen aus Gibraltar um einige
Stunden vorverlegt. Leider bekam dann ein Kamerad eine
Blinddarmentzündung und wir liefen Vigo an, um den Kameraden im dortigen
Krankenhaus zur Operation abzugeben. Wir liefen dann weiter und als wir
in der Biskaya ankamen war sie wieder ruhig und friedlich.
Peter Engler
125
Nicht nur die Heizer, sondern auch die Sanis hatten mitunter einen im
Tee (wir ja auch).
Wir saßen abends in unserer Messe, als Schorsch Nippe unseren
Sanität in die Messe brachte. Der Kamerad war stinkbesoffen und hatte an
Stb-Seite durch ein Bullay in die O-Messe gepöbelt. Peter Schütt und
einige Kameraden nahm dem Oberleutnant die Fracht ab. Wir bugsierten den
Sani ins U-Deck, zogen ihn aus und wuchteten ihn die Koje. Er lag in der
ersten unteren Koje hinter der Tür zur Messe und kam mehrmals zu uns in
die Messe und krakeelte. Wir wuchteten ihn wieder in seine Furzmulde und
zogen die Ketten kurzstach. Erst spuckte er, dann kotzte er und
anschließend ließ er einen streichen der mit Land versehen war. Piet
wischte erst den Brei auf, und dann wuchteten wir das arme Schwein in
den Waschraum unter die Dusche. Da er nur mit Unterhose und Hemd
bekleidet war (den Rest hatten wir ihm vorher ausgezogen), zog einer der
Kameraden vorsichtig die Unterhose runter und ich spülte ihm die Kimme
sauber. Es war ein dolles Gegröle. Unser Sani zitterte. Ich glaube er
konnte gar nicht so schnell zittern wie er fror. Anschließend brachten
wir ihn in seine Koje, die sauber geblieben war. Am anderen Morgen
entschuldigte unser Sani sich bei uns und natürlich auch ein Deck höher.
Dieter Freund
126
Heute möchte ich noch eine ältere Geschichte aus dem Koffer holen.
Wir fuhren - ich glaube es war in der Zeit um 1959 - mal wieder eine
Woche mit Zerstörer 1 auf der "Idiotenwiese" Mann über Bord und weitere
Übungen. Viele Manöverübungen brachten uns schon zur Weißglut, weil die
Maschinentelegraphen verrückt spielten. Ich war zu dieser Zeit
Brennerfahrer und hatte allerhand zu tun, um diese Neulingen auf der
Brücke zufrieden zu stellen.
Der damalige Kommandant, FKpt Birnbacher, war ein alter
Narvik-Zerstörerfahrer. Er sorgte dafür, dass all seine Jünglinge auf
der Brücke Erfahrungen sammeln konnten. So geschah es auch bei einem
Anlegemanöver an die Tirpitzmole . Lt.z.S. Ehr... sollte dieses
Anlegemanöver vollziehen. Wir merkten schon in allen Betriebsräumen,
dass der Alte nicht das Anlegemanöver fuhr. Plötzlich gab es einen
gewaltigen Ruck, der LI kletterte nach oben, kam wieder runter und
sagte: "Der Erh... hat den kleinen Kran auf der Mole mitgenommen und
sich eine Beule an Backbordseite geholt." Wie mir später ein Brückengast
erzählte soll der Alte getobt und den Offizier von der Brücke gejagt
haben mit den Worten: "Sie können vielleicht eine Postkutsche in Texas
fahren, aber keinen Zerstörer. Ich will Sie hier vorläufig nicht mehr
auf der Brücke sehen."
Jetzt war Werftliegezeit bei HDW in Kiel angesagt.
Wolfgang
Simanowski
127
Während der Fahrt von Kiel nach Philadelphia im Mai 1965 hatten
wir eine Phase mit ruhiger See und warmem Wetter. Poseidon, der
Erdumgürter, meinte es gut mit uns. Um uns etwas Abwechslung zu gönnen,
bastelte der Schmadding mit seinen Männern ein Floß aus Holz, das
steuerbords längsseits an Z 1 festgemacht wurde. Ab sofort galt die
Freibadsaison als eröffnet. Vom Floß aus sprangen die Mutigsten in den
Atlantik und erfrischten sich in dem doch sehr kühlen Wasser. Etwas
mulmig war mir anschließend schon, als ich erfuhr, dass unsere
Badeanstalt im Neufundlandbecken lag, das dort über 5.000 Meter tief
ist. Aber alle waren sich darüber einig, dass das Wasser dort "besonders
gut trug". Heinz Albers
128
Es muss 1965 gewesen sein, als wir in unserem Deck eine kölsche
Frohnatur mit Spitznamen "Nippes" hatten. Dieser Kamerad machte sich
einen Heidenspaß daraus, aus seiner Kojenlampe die Birne zu entfernen
und solange mit den Fingern in der Fassung herumzufummeln, bis es einen
Kurzschluss gab. In der Dunkelheit und unter dem Gefluche seiner
Kameraden machte er sich dann aus dem Staub. Wenn die Stromversorgung
wieder hergestellt war, kam er mit einem unschuldsvollen Gesicht zurück.
Unser Schimpfen quittierte er dann mit einem Lachanfall. Dieses
Spielchen hat er oftmals wiederholt. Peter Engler
129
Wir Versorger hatten unsere Kojen vom Niedergang gesehen ganz rechts an
der Bordwand. Danach folgten noch 2 Kojenreihen in Richtung Heizerdeck.
In der mittleren Koje der 2. Kojenreihe schlief ein sehr kompakt
gebauter Kamerad, der noch soeben in die schmale Mulde passte. Eines
Tages hatte ich mal wieder kräftige Feindbekämpfung gemacht, d.h. war
total abgefüllt. Ich weiß aber noch, dass ich in meine Koje gegangen
bin. Als ich am anderen Morgen wach wurde konnte ich mich kaum rühren,
ich lag nämlich an der Bordwand hinter diesem Kameraden im Spant. Ein
paar Spaßvögel unter den Kameraden hatten mich aus meine Koje geholt und
mich dort deponiert. In den Tagen danach konnte ich mir manche launische
Bemerkung über meine angebliche sexuelle Ausrichtung anhören.
Peter Engler
129a
Peter, wir Funker, die auf der anderen Seite die Kojen hatten, mieden
euren Bereich. Denn wir waren überzeugt davon, dass auch "Müffi, das
Geruchsgespenst" auf eurer Seite seine Furzmulde gehabt haben muss.
Heinz Albers
130
Wie bekannt hatten die Signäler außer ihren normalen Seestiefeln
für die Wache in der Brückennock gut gepolsterte, wärmende Stiefel. Eine
Tages Anfang 1965 kam einer der Feudelschwinger zu mir und sagte:
"Engler, Du weißt doch, dass ich ein Bauernsohn bin, und da könnte ich
für die Herbst- und Winterzeit gut solche Stiefel gebrauchen. Wie kann
ich solche bekommen, kann man die wohl kaufen?" Kleine Denkpause
meinerseits und dann fragte ich ihn: "Wann fährst Du das nächste Mal
nach Hause?" Er guckte mich groß an und meinte, wieso das so wichtig
wäre. Daraufhin erklärte ich ihm folgendes: "Dir ist doch bekannt, dass
die Stiefelspinde im Deck nicht verschlossen werden. Bei Deiner nächsten
Heimreise packst Du Deine Stiefel ein und wenn Du zurück kommst wirst Du
dann feststellen, dass Deine Stiefel fehlen. Du machst eine
entsprechende Verlustmeldung und bekommst neue Stiefel, weil ja nicht
feststellbar ist, wo die alten Stiefel abgeblieben sind." Und so geschah
es auch, und ich hatte einen Kameraden glücklich gemacht. Ich hoffe nur,
dass diese Beihilfe zum Diebstahl von Bundeseigentum verjährt ist und
ich im Juni diesen Jahres mal wieder "in die Heimat" darf. Peter
Engler
130a
Moin Peter, zu deinem Döneken Nr. 130 möchte ich kurz erwähnen,
dass es nicht so einfach war bundeseigene Verluste zu melden. Ich kann
mich noch gut daran erinnern, dass Verluste an der Pier grundsätzlich zu
bezahlen waren. Ausnahmen galten nur an Seetagen. Wolfgang
Simanowski
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