Döneken Nr. 101 - 110



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Eines schönen Tages lagen wir mit Zerstörer 1 für kurze Zeit in einer dänischen Bucht vor Anker, als sich ein kleiner Fischkutter näherte und Backbord längsseits ging. Keiner von uns verstand den Fischer und so wurde nach einem Häuptling der Seeziegen gerufen, der Dänisch konnte. Dieser wiederum fragte nach einem kurzen Plausch mit dem Fischer nach dem Proviantmeister, der dann auch kam. Es stellte sich heraus, dass der Fischer dem Proviantmeister frisch gefangene Schollen anbot. Dieser lehnte aber dankend ab mit der Begründung, dass das Essen für diesen Tag schon in Vorbereitung sei und der Fischer möge, wenn er wolle, am nächsten Tag wiederkommen. Dies erstaunte mich doch sehr, da wir an diesem Tag nachmittags wieder Anker auf gehen sollten. Als ich dann später im Versorgungsschapp den Proviantmeister fragte, wieso er dem Fischer hatte ausrichten lassen, er solle am nächsten Tag wiederkommen, obwohl er doch wüsste, dass wir dann nicht mehr da wären, bekam ich die schöne Antwort: "Engler, meinst du ich wollte erschlagen werden weil ich während der Seetage Fisch servieren lasse?"    

Dieser Provi, Bootsmann Dietrich, hatte nicht viel mit einer Schreibmaschine am Hut. Und so kam es, dass er bei längerem Seetörn mich immer wieder fragte, ob ich ihm nicht nach dem Mittagessen die Speisepläne schreiben könne. Hierzu entwickelten wir beide ein schönes Ritual, je nach Wetterlage antwortete ich ihm, dass ich in der Koje Sturmroutine fahren (Schlechtwetter) oder auf der Schanz ein Sonnenbad (gutes Wetter) nehmen müsse. Er quengelte dann ein bisschen 'rum (und wusste genau, dass ich sie schreiben würde), bis ich fragte: "Was springt für mich raus?" und je nach Anzahl der Speisepläne konnten es bis zu 3 Dosen Erdbeeren oder Fruchtcocktail werden. Also ging ich nach dem Backen und Banken zurück ins Versorgungsschapp und wartete auf den Provi mit seinen handschriftlich vorgefassten Speiseplänen um diese dann in die Schreibmaschine zu tippen. Diese Arbeit begann ich aber erst dann, wenn ich die Obstdosen vor mit stehen hatte. Eines Tages bemerkte ich, dass ein Tag noch ohne Speiseplan war und fragte ihn: "Warum?" Er antwortete mir: "Engler, das ist ein Feiertag. Was meinst du, was ich machen soll?" Ein zufällig im Schapp anwesender Versorgungsmaat machte dann einen Vorschlag, worauf er vom Provi zu hören bekam: "Wer hat Sie eigentlich gefragt?" Nachdem ich den Provi gefragt hatte, was er denn anzubieten habe, stellte ich ein Menü zusammen, und die Besatzung musste an diesem Feiertag keinen Hunger leiden. Peter Engler



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Dieser Bootsmann Dietrich ist mir auch noch lebhaft in Erinnerung. Wenn ich mich recht erinnere, zu den Schlauesten hatte er glaube ich nicht gezählt, war aber sonst kein Unrechter. Dann gab es da auch noch einen Maat Kumerow in der Kombüse. Beide hatten sich mit kulinarischen Ergüssen bestens ergänzt. Auch der Fruchtcocktail als Handelsware war gut bekannt. Nach meiner Kenntnis lagerte der in ausreichenden Mengen in der Vorpiek, zumindest konnte ich immer (nach Dienstende) regen Handelsverkehr feststellen. Wolf Baus
Wolf, im Döneken 55 habe ich die Vorpiek beschrieben, da sie zwei Jahre lang teilweise zu meinem Arbeitsbereich gehörte, obwohl ich hauptsächlich für die US-Versorgung zuständig war. Die Fruchtcocktails lagerten im Vorschiff unter dem Unteroffiziersdeck. Peter Engler


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Als wir Anfang Februar 1966 von Teneriffa zurückkamen wussten wir durch die Funkpresse, dass die Gorch Fock und Z 5 im NO-Kanal vom Zoll gefilzt worden waren. Kurz vor Anlaufen Schleuse Brunsbüttelkoog forderte der Kommandant daher die Besatzung auf, in Teneriffa gekaufte zusätzliche Zigaretten zur Aufbewahrung in der Zolllast abzugeben mit dem Versprechen, diese bei der nächsten Seefahrt wieder auszuhändigen. Ich schlug den Kameraden aber vor, mir ihre Zigaretten zu geben. Ich würde sie in den vielen Ersatzteillasten der US-Versorgung verstauen und sie nach Einlaufen in Kiel wieder herausgeben. Somit kämen sie schneller in den Besitz ihrer Zigaretten. Etliche Kameraden vertrauten mir ihre Glimmstängel an und bekamen diese dann auch in Kiel ausgehändigt. Die Kameraden aber, die ihre Zigaretten in der Zolllast abgegeben hatten, machten bei der nächsten Seefahrt lange Gesichter. Als sie nämlich in der Kantine Zigaretten kaufen wollten wurden sie gefragt, ob sie welche in der Zolllast hätten. Wenn sie dies bejahten konnten sie keine anderen kaufen, sondern bekamen die deponierten Zigaretten ausgehändigt. Als sie sich bei mir beschwerten konnte ich ihnen nur sagen: "Selber Schuld, ich hatte Euch angeboten sie zu verstecken" und zeigt ihnen den langen Daumen.

Und weil es gerade so gut läuft, noch eins:

In Amerika 1965 hatte ich für meinen Schwiegervater und seine Arbeitskollegen bei der Kripo in Unna 16 Stangen Zigaretten gekauft. Diese waren auf verschiedene Lasten verteilt und ich hatte auf einmal das Problem, wie die Stangen nach Unna zu befördern. Da wir Versorger jeden Freitagmorgen zum Marinematerialdepot in Kiel-Schilksee (1972 Olympiahafen) fuhren, sprach ich mit dem Unimogfahrer der Fahrbereitschaft und versprach ihm eine Stange Zigaretten, wenn er in der darauffolgenden Woche das Paket mit den Zigaretten zur Post bringen würde. Er sagte mir dies zu und so kamen die Zigaretten heile in Unna an. Nachdem ich 1966 in Teneriffa nochmal 12 Stangen amerikanischer Zigaretten gekauft hatte, wollte ich das gleiche Spielchen mit dem Unimogfahrer wieder machen. Er meinte aber nur: "Mach dein Paket fertig und nächste Woche bringst du es mit". Und so geschah es auch. Wir fuhren also los und kurz vor der Holtenauer Brücke bog er plötzlich rechts ab und fuhr auf einen tiefer gelegenen Parkplatz. "So" sagte er zu mir, "jetzt nimmst du dein Paket und gehst in diesen flachen Bau, das ist die Post." (Sah eher wie eine Baracke aus.) Ich also mit meinem Paket losgtetapert und als ich wieder in Unimog saß fragte ich den Fahrer, warum er mich das Paket hat einliefern lassen. Er antwortete: "Siehst du dort oben auf der anderen Seite den großen roten Bau, das ist das Hauptzollamt und die vermuten nicht, dass einer vor ihren Augen so frech ist und schmuggelt". Was soll ich sagen, nachmittags begann mein langes Wochenende und kurze Zeit nach mir am Samstagmorgen kam auch das Paket in Unna an. Peter Engler



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An einem Wochenendtag wollten ein Sani und ich an Land gehen und ich fragte den Sani, ob wir meinen Versorgerkameraden Karl-Heinz Last mitnehmen sollten. Der Sani meinte aber, dass dieser wohl nicht mitkommen könne. Als wir dann landfein durch Toilette und Waschraum gingen saß Karl-Heinz auf der Edelstahlschüssel und meckerte den Sani an. Später auf der Pier fragte ich den Sani, warum Karl-Heinz ihn angemotzt habe und er erzählte mir, dass Karl-Heinz in den letzen Tagen vermehrt im Sanischapp mit irgendwelchen kleinen Wehwehchen aufgetaucht sei und um Tabletten gebeten habe. So auch an diesem Morgen. Um ihn endgültig zu kurieren habe er ihm 3 Abführtabletten gegeben mit der Auflage, alle 6 Stunden eine zu nehmen. Wie er aber Karl-Heinz einschätze dürfte dieser die 3 Tabletten wohl auf einmal genommen haben. Nachdem wir unseren Landgang beendet hatten und zurück an Bord waren, saß Karl-Heinz immer noch, oder schon wieder, auf der Honigschleuder. Peter Engler



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Eines Abends, es war 1965, verirrte ich mich mit einigen Kameraden in eine Kneipe am Kieler Streifen. An einem Tisch saßen dort einige Werftgrandis und Fischer. Aus unseren Dialekten und Worten vermuteten die natürlich, dass wir Bundis waren, und nach kurzer Zeit wurden wir von denen angepöbelt. Es kam zu einem verbalen Schlagabtausch, in dessen Verlauf uns Schläge angedroht wurden. Ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt musste ich mal pullern. Während ich also so schön am Urinal stand und das Bier abschüttete öffnete sich plötzlich die Tür zur Toilette und ein Mann kam herein. Ich dachte noch "Jetzt geht's los" als er sich neben mich stellte und ebenfalls das Bier abgoss. Dabei sagte er zu mir in gutem Deutsch: "Sag deinen Kameraden sie brauchen keine Angst haben. Ich bin Finne und bin mit etlichen Kameraden hier in der Kneipe. Wir liegen hier im Hafen. Sollte es zu einer Schlägerei kommen sind wir auf eurer Seite und helfen euch". Ich bedankte mich bei ihm für dieses Hilfsangebot und während ich zum Tisch zurückging sah ich in einer anderen Ecke der Kneipe etliche Männer sitzen, zu denen sich etwas später der Mann aus der Toilette gesellte. Am Tisch angekommen berichtete ich meinen Kameraden mit lauter Stimme von diesem Hilfsangebot, worauf es seitens der Grandis doch ruhiger wurde. Um den Streit aber nicht erneut aufflammen zu lassen zogen wir es vor, zu zahlen und einen Kneipenwechsel zu machen. Peter Engler



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Bei unserer alten Heizerbesatzung 1958 hatten sich nach wochenlangen Ostseefahrten mit Zerstörer 1 auf der Idiotenwiese (Kiel-Flensburg) enormer Stress angesammelt. Folge war, dass einige Heizer nach dem Einlaufen in Kiel sich auf den Weg zum kleinen Gazastreifen aufmachten. Erster Anlaufpunkt war "Käpten Brass" an der Küste. Hier wurde beschlossen, anschließend ins Tanzlokal über Käpt Brass zu gehen. Dieses Lokal war vom Feinsten mit Plüschsesseln ausgestattet. Plötzlich stürmte eine wilde Horde Fischdampfertypen herein und bepöbelten uns als Süsswassermatrosen. Soweit war alles noch ruhig. Als wir dann aber die anwesenden Damen des horizentralen Gewerbes zum Tanz aufforderten, eskalierte die ganze Sache zu einer gewaltigen Schlägerei. Das Tanzlokal war nicht mehr wiederzuerkennen. Aus den Plüschsesseln wurden die Lehnen mit den Holzschrauben heraus gerissen und als Waffen benutzt. Der Ober steckte uns heimlich einen Zettel zu in dem stand, dass die Feldjäger im Anmarsch seien. Wir flüchteten ins anliegende Tanzlokal "Insel des Südens". Der Kellner "Willi" kannte uns und sagte: "Wenn die Kettenhunde kommen sage ich, ihr seid schon 2 Stunden hier."
Am nächsten Tag kam der Pächter des Tanzlokals an Bord und berichtete dem Kommandanten von dieser Schlägerei. Als der Kdt. dem LI. berichte, dass es seine Heizer gewesen sein sollten, ließ er uns auf der Schanz antreten und forderte den Lokalpächter auf, die Leute heraus zu suchen. Leider konnte er niemanden davon wiedererkennen. Der LI. sagte zum Bootsmann der Wache: "Begleiten Sie den Herrn über die Stelling." Später sagte der LI:  "Nun mal ehrlich, wer war es? Ach du liebe Güte, schon wieder meine lieben Heizerlein. Seid froh dass er euch nicht erkannt hat." Wolfgang Simanowski



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Wir hatten 1965 auf Zerstörer 1 auch einen Heizer mit Spitznamen Rolli an Bord, der eigentlich ein ruhiger Kamerad war. Er rauchte nicht und trank fast gar keinen Alkohol. Nur wenn er mal was trank wurde er unberechenbar und stänkerte gerne andere Leute an. Mit dem war ich einmal in der Kneipe "Rolling Wheels" in der Wieck. Nachdem wir etliche Bierchen verkonsumiert hatten forderte er von mir eine Pall Mall. Ich sagte ihm, dass er doch Nichtraucher wäre, aber er blieb stur und wollte die Zigarette haben. Also gab ich ihm eine, die er aber nicht ansteckte. Er begann vielmehr, die Zigarette zu essen. Ich warnte ihn vor den Folgen; er aber aß weiter. Nachdem wir noch einige Bierchen mehr intus hatten, begann er dann auch zu stänkern und forderte mich auf, auch zu stänkern denn er wolle sich kloppen. Dies lehnte ich ab und brachte ihn schließlich dazu, mit mir an Bord zurückzukehren. Hier gingen wir in die Cafeteria, wo er sofort begann den KvD (Spitzname Nussknacker) anzustänkern, woraufhin dieser ihm ein Veilchen verpasste. Daraufhin verzog sich Rolli, während ich noch mit Nussknacker debattierte. Als ich dann durch die Toilette zurück ins Deck ging sah ich, dass Rolli zwei Toilettenschüsseln blockierte. Auf der einen saß er mit heruntergelassenen Hosen während er mit dem Kopf über der anderen hing. Somit rächte sich der Konsum der Zigarette. Peter Engler



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Ich weiß nicht wie es den Kameraden ging, aber mir ging auf der Amerikafahrt 1965 einiges gegen den Strich. Nicht nur dass die Seeleute auf der Frankenland unsere Kartoffeln bei der Überfahrt beim Reinschiff mit Salzwasser abspritzen und diese deshalb faulten und zum Himmel stanken (wir durften deshalb die amerikanischen Süßkartoffeln futtern), die Sprudelkisten an Oberdeck der Sonnenbestrahlung aussetzten (was einen Großteil der Flaschen durch die Gärung explodieren ließ) und die Amis uns unser gutes deutsches Brot wegfutterten (worauf wir das unmögliche amerikanische Weißbrot zum Essen bekamen), bis in Norfolk ein deutscher Schiffsausrüster, ich kannte ihn, weil er uns früher in Kiel mit Verpflegung versorgt hatte und ausgewandert war, an Bord kam und dem Proviantmeister erzählte, dass er eine Bäckerei wüsste, die noch nach deutschem Rezept backen würde. Der Provi kaufte dann reichlich Brot, aber in Boston wurden uns von den Amerikanern viele ganze Brotlaibe geklaut. Wenn ein Smut einen Laib aus der Kühllast unter der Cafeteria hochwarf kam ein langer Arm und schon wieder griff der oben stehende Smut ins Leere). So kam es dann, dass wir auf der Rückfahrt das Schwarzbrot und die Panzerplatten aus den NATO-Verpflegungspaketen mit "Genuss" gegessen haben.

Nein, am meistens ging mir der evangelische Himmelskomiker morgens nach dem Wecken auf den Geist wenn er uns per Lautsprecher geistiges Trockenfutter servierte. Ich hasste es, wenn er anfing: "Guten Morgen Besatzung von Z 1, wir befinden uns ..... Meilen von zu Haus entfernt und blablabla". Nicht nur schlechte Verpflegung sondern auch die tägliche Morgenansprache versauten mir und manchem Kameraden den Tag.

Nachdem wir wieder in der Heimat waren fanden die üblichen Schiffsbesichtigungen statt. Eines Tages kamen auch Schulkinder an Bord und die wurden begleitet (zum Entsetzen mancher Amerikafahrer) vom Bordpfarrer. Was vorher keiner von uns wusste war, dass auch die vier Kinder des Bordpfarrers mit dabei waren. Und so kam es wie es kommen musste. Eine kleine Gruppe von Schülern bekam im Kartenraum von einem Nautiker etwas über Seekarten usw. erzählt, als ein Kamerad in den Kartenraum kam und ihn  fragte: "Hast Du gesehen, dass Arschloch von Bordpfarrer ist auch an Bord?", nicht wissend, dass ein Kind des Pfarrers in der Gruppe war. Dieses erzählte seinem Papa natürlich alles und so bekam der Nautiker nach Ende der Besichtigung ausnahmsweise vom Kommandanten das "Wort zum Sonntag" zu hören. Sonst ist aber nichts passiert, da der Alte mittlerweile auch mitbekommen hatte, wie sehr uns der Pfarrer mit seinem täglichen Sermon auf den Geist gegangen war.  Peter Engler



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Was Peter berichtete, kann ich nur bestätigen. In Philadelphia wurden uns die neuen Kartoffeln geliefert. Die alten, matschigen lagerten bis zur Entsorgung auf dem Vorschiff.
Der Bordpfarrer hatte die Aufgabe, uns moralisch aufzurüsten. Ich entsinne mich an eine Diskussionsrunde in der völlig überfüllten Cafeteria, die u.a. "Sex vor der Ehe" zum Thema hatte. Hier vertrat der Pfarrer das Dogma des jungfräulichen Eheeintritts. Das war natürlich Anlass für die meisten Lords, in heftiges Gemurmel zu verfallen. Es gipfelte darin, dass ein Ölfuß ganz laut die Frage in den Raum warf, wie er denn ohne Sex feststellen könne, ob eine Frau zu ihm passe. Mit "Vielleicht ist sie für mich viel zu eng gebaut?" beendete er seinen Beitrag. Rundherum Gegröle. Der Pfarrer, unter 40 würde ich mal schätzen, war mit seinem Latein an dieser Stelle zu Ende. Seinen verzweifelten Gesichtsausdruck sehe ich noch heute vor mir. Hunderte Jahre vorher hätte man ihn sicher kielgeholt. Leider habe ich die Veranstaltung nur während dieses Augenblicks erlebt, weil ich während der Funkwache kurz mal reingeschaut hatte. Es muss dort aber hoch her gegangen sein. Heinz Albers



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Im Herbst 1966 fuhr das 1. Zerstörer-Geschwader mit der französischen Marine Manöver in der Gegend um Brest.
Wieder einmal sollten dabei U-Boote aufgespürt werden, was aber wetterbedingt nicht gelang.
Ein schlechtes Omen! Als es schließlich zur Heimreise „Anker auf“ hieß, war die Aufregung groß, Z1 hatte den Anker verloren, die Ankerkette war gerissen.
Nachdem das gute Stück in Brest auf dem Hafengrund lag und aus eigener Kraft nicht geborgen werden konnte, wurden von der französischen Marine Taucher angefordert. Die brachten dann am Anker einen Tampen an, womit das teure Stück an Bord gehievt werden konnte. Das Geschwader war bereits vor uns ausgelaufen, und so machte sich Zerstörer 1 mit etlichen Stunden Verspätung an die Aufholjagd über eine abkürzende Route, was dann auch einigen Fischernetzen nicht bekam, die anscheinend im Wege waren wie sich am nächsten Morgen herausstellte. Karl Heinz Rölz

Bergung des Ankers von Zerstörer 1 im Hafen von Brest
Bergung des Ankers von Zerstörer 1. Foto: Karl Heinz Rölz



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Das 1. Zerstörergeschwader lag 1963 an der Tirpitzmole. Wir hatten Quicktrain (Natoalarm) an der Pier.
Ich sauste nach K2 runter und machte Feuer in Kessel 3 an. Der Zerstörer verlor dadurch seine Schornsteinbezüge. Nach 10 Minuten legten wir von der Tirpitzmole ab. Erwin Krause



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Ich weiß nicht, ob ihr noch etwas mit dem Begriff „Nato-Alarm“ anfangen könnt?
Das war eine jährliche, zum Teil mehrtägige Übung, die überraschend kam oder zumindest überraschend kommen sollte. Bei dieser Übung 1966 mussten sämtliche Schiffe innerhalb kurzer Zeit den Hafen verlassen, und das Hafengelände wurde geschlossen. Unter den Funkern allerdings waren zumeist gewisse „Ahnungen“ über den Zeitpunkt dieser streng geheimen Übung vorhanden. Wenn dieser Zeitpunkt immer wahrscheinlicher wurde, nahm, wer konnte, solange Ausgang wie möglich.
Eines Tages war es dann soweit. Müde vom langen Landgang kam ich morgens am geschlossenen Haupttor an und wurde von der Wache abgewiesen. Das Tor blieb zu, und im Hafen war auch kein Schiff mehr zu sehen.
Nachdem immer mehr Landgänger zurückkamen und nicht eingelassen wurden, ging es fast geschlossen zurück nach Kiel ins Kaufhaus zum Frühstück. Mittlerweile ging es auf Mittag zu. Es stellte sich ein gewisses Pflichtgefühl ein; also zurück zum Stützpunkt. Da war jetzt auch das Tor wieder offen und die meisten Schiffe waren wieder da, nur Z1 nicht!
Beim Hafenkommando erfuhr ich dann, dass Z1 eine dreitägige Übung in der Ostsee fährt. Nachdem ich auch nicht alleine war, sondern so nach und nach geschätzt mehr als die Hälfte der Z1-Mannschaft, alle Dienstgrade, ankam, wurden wir in einer der Schnellboot-Baracken untergebracht, mit Essenmarken versorgt und hatten eine ruhige Zeit. Als nach drei Tagen Z1 wieder in Kiel war und an der Pier festmachte, standen mehr Freigänger auf der Pier als Besatzung an Bord waren. Die Kommentare der durch die dreitägige Übung in Unterzahl gestressten restlichen Besatzungsmitglieder könnt ihr euch dann aber vorstellen. Karl Heinz Rölz



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Eine Geschichte über die Sturheit eines Versorgungsobergefreiten mit Narrenfreiheit:
1966 während einer Sturmfahrt mit Zerstörer 1 kam plötzlich ein Divisionsbefehl für die 3. Division, dass der Dienst nur noch mit Bordschuhen zu versehen sei. Hätte mich auch nicht gestört, wenn ich nur für die deutsche Versorgung zuständig gewesen wäre (in der Vorpiek mal Toilettenpapier, Reinigungsmittel, Handtücher oder Sonstiges rauszugeben). Aber als US-Versorger durfte ich in der Vorpiek bis zu 2. Decks tief runtersteigen um Ersatzteile heraus zu geben oder aber unter dem Heizerdeck die schwereren Maschinenersatzteile rauszufischen, was bei ruhiger See auch keinerlei Probleme bereitete. Bei Seegang holte man sich aber beim Runter- und Raufsteigen (gerade in der Vorpiek) etliche Blessuren, so daß ich mich nicht an den Befehl störte, weil ich der Meinung war, dass ein gesunder Versorger besser sei als ein kranker. So kam es wie es kommen mußte. Morgens bei der Musterung hinter der Brücke (wegen dem Wetter) fiel einem Leutnant auf, dass ich mit Seestiefeln dort stand. Er sprach mich darauf an. Ich erklärte ihm dann, dass ich wegen meiner Arbeit als US-Versorger in die verschiedensten Lasten müsse und es besser wäre, wenn meine Beine wenigstens teilweise geschützt wären. Er sagte dazu nichts und ich dachte, es hätte sich erledigt. Pustekuchen! Am nächsten Morgen das gleiche Spielchen. Nachdem er mich wieder auf meine Seestiefel ansprach und ich ihm das selbe wie am Vortag erzählte, drehte er sich zu den Bootsleuten um und befragte sie. Diese bestätigten ihm dann, daß es bei Seegang in der Vorpiek gefährlich sei, zumal wenn man ein paar Decks tiefer musste. Das hat ihn dann wohl überzeugt, und ich durfte während der Sturmtage (auch späterer) meine Seestiefel tragen. Muss ein Bild für die Götter gewesen sein, wenn nachts ein Ersatzteil gebraucht wurde und Engler mit Schlafanzug und Seestiefeln übers Aufbaudeck taperte um in die Vorpiek zu kommen. Peter Engler



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Unsere Heizer waren schon etwas Besonderes.
Meine letzte Fahrt mit Zerstörer 1 war 1964 erst nach Brest zu der obligatorischen U-Jagdübung mit den Franzosen. Danach ging es nach Las-Palmas. Mit dem StBtsm Sunkel und der franz. Militärpolizei fuhren wir Shore-Patrol in Brest. In einer Gasse standen unsere Heizerlein in einer Kneipe hinter dem und Tresen und verdingten sich als Barkeeper, bedienten unsere Lords und sonstige Gäste. Da alles friedlich verlief und der Wirt keine Einwände hatte, verließen wir die Kneipe. Draußen angekommen kamen zwei Heizer (nichts gegen diese Kameraden) aus einer Kneipe, drehten sich nach einer Weile mehrfach um die eigene Achse und landeten im Rinnstein. Der Stabsbotsmann drehte fast durch. Die Franzosen und ich hatten da mehr Verständnis. Wir wuchteten die Kameraden in die grüne Minna und ab gings an Bord. Unter Gelächter der anwesenden Kameraden wuchteten wir die Burschen den Niedergang runter und in die Koje.

In Las Palmas war es ähnlich, man bekam als Shore-Patrol (diesmal nicht mit dem StBtsm) mehr zu sehen. Beispielsweise die Kameraden, die sich mit den Damen des horizontalen Gewerbes vergnügten (es waren fast alle Dienstgrade vertreten).
An einem größeren Springbrunnen turnten einige Kameraden nachts im Wasser herum. Der spanische Kamerad sagte mir, dass das hier nicht üblich sei. "Bei uns auch nicht", erwiderte ich ihm. Ich also die Jungs angesprochen und aufgefordert, mit der Schwimmausbildung aufzuhören. Sie antworteten mir, dass ihnen eine an Land gekaufte Uhr in den Brunnen gefallen sei. Sie wäre stehen geblieben und beim Schütteln ins Wasser geflogen. Da diese Burschen ehrliche Seeleute waren, glaubte ich ihnen. Sie verließen dann auch triefend die Badestelle, und wir konnten die Kameraden an Bord begleiten. Dieter Freund



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Die Story von Dieter Freund hat viel Ähnlichkeit mit meinem Döneken Nr. 48. Es war auf dieser Fahrt mit Zerstörer 1 aber wirklich so, dass alle Fachrichtungen von dem großen Durst gepackt wurden und danach etliche Kameraden aus Hauseingängen, zwischen Autos und unter Lastkraftwagen hervorgeholt werden mussten, wo sie ihren Rausch ausschliefen. Ich habe heute noch den Verdacht, daß uns der "Vino Tinto" so schwer zu schaffen machte.
Ein Kamerad kam auch nicht ganz unversehrt an Bord zurück. Wir lagen 1964 an einer Schwimmpier, die nachmittags beim Verlassen des Dampfers fast waagerecht zur normalen Pier lag. Als wir aber nachts zurück kamen ging es durch den Tidenhub von 9 Metern ganz schön abwärts. Die Stelling zwischen Pier und Schwimmpier hatte links und rechts Sprossen wie eine Hühnerleiter und in der Mitte war sie frei. Da es geregnet hatte war die Stelling (Holz) schön glatt. Der Kamerad kam ins Rutschen, wobei er an einer Sprosse hängen blieb und aufs Gesicht fiel. Dabei sind ihm dann einige Beißerchen abgebrochen. Peter Engler



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Das Döneken Nr.110 a von Peter Engler ist für mich ja in einer ganz bestimmten Richtung interessant. In einem ausländischen Hafen, das müßte Brest gewesen sein, war ein besoffener Mensch von "Z1" auf dem Achterschiff zu später Stunde mit Ober- und Unterkiefer direkt auf eine der dort montierten Minenschienen gestürzt. Wohl einmal wieder wg. Bordwache hatte ich unfreiwillig in das schlimm zugerichtete Gesicht geschaut. Als Schreibstubenbulle durfte ich am nächsten Morgen noch im Hafen bei dem Verfassen des Berichts zu der offiziell abzugebenden Meldung über das "Besondere Vorkommnis" mitwirken. Der arme Mann war umgehend an Land gebracht worden; wir sind dann ohne ihn ausgelaufen. Wann und wie er nach Kiel zurückkam, ist mir wg. möglicherweise unmittelbar sich anschließenden Dienstzeitendes Weihnachten 1964 nicht mehr bekannt geworden. Immer wenn seither irgendwo die Rede vom Glück der Besoffenen bei Unfällen ist, komme ich auf diese grausige Geschichte mit der Minenschiene zurück. Das kann ja eigentlich nicht dieselbe, recht ähnliche Szene gewesen sein, die Peter Engler im Döneken Nr. 110a beschrieben hat.

Ach ja, der "Vino Tinto"! Mein Artillerie-Kumpel Charly (genannt "Onjen-Charly", weil der so viele Zwiebeln aß) und ich hatten uns nach einer fröhlichen Brester Landrunde zwar auf den Rückweg zu "Z1" gemacht, waren jedoch mit drückenden Blasen zuvor in irgendeiner Seitengasse auf ein abgestelltes Moped gestoßen. Nach kurzer Beratung ließen wir flugs unsere Hosenlätze 'runter, und nach einem sichernden Rundblick floss der Urin in vereinten Strahlen in den Moped-Tank. Das war wohl unsere, zugegeben ein wenig ungerechte, Rache dafür, dass wir in Brest beim Besuch von Tanzkneipen von den französischen Mädchen immer nur Körbe bekamen. Erst als wir uns unerkannt aus dem Staub gemacht hatten, ging uns ein Licht auf, was mit uns wohl passiert wäre, wenn einheimische Zivilisten uns auf frischer Tat ertappt hätten. Die hätten uns sicherlich ein wenig unfreundlicher behandelt als wir es dagegen von der französischen Marine gewohnt waren, zumal die französische Zivilbevölkerung uns - wahrscheinlich infolge des Schicksals der Stadt Brest im Jahre 1944 - verhältnismäßig reserviert gegenübertrat.
Dazu für geschichtlich Interessierte: Nach der Landung in der Normandie wurde Brest 43 Tage von den Alliierten belagert, ehe die es im September 1944 besetzen konnten. Bis dahin war die Stadt durch die Kämpfe gegen die Deutsche Wehrmacht stark zerstört worden. Erst im Jahre 1961 - zu der Zeit etwa war ich mit "Z1" erstmals in der Stadt - war der Wiederaufbau im wesentlichen abgeschlossen. Lothar Soll






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