Sri Lanka - "strahlend schönes Land" bedeutet dieser Name in
der Sanskrit-Sprache. Namen hatte diese Insel in der Vergangenheit viele. Je
nach Herkunft der Seefahrer und Eroberer nannte man sie Tambapanni, Trapobane,
Serendib, Ceilao, Ceylan, Ceylon und erst seit 1972 ganz offiziell Sri Lanka.
Die Romantiker nannten die Insel "Perle des Orients" und "Träne von Indien".
Die Besiedelung erfolgte über die schmale Meerenge der Palk Strait im Norden in
mehreren Wellen von Indien aus. Zuerst Singhalesen aus dem Norden und später
Tamilen aus Indiens Süden fassten Fuß und verdrängten die Veddha, die
Ureinwohner, die wiederum vermutlich Nachfahren der legendären Yaksas und Nagas
waren. (Obwohl Fa Hsien, ein Chinese, der vor zweieinhalbtausend Jahren auf Sri
Lanka lebte, schrieb, dass ursprünglich die Insel nur von Geistern besetzt war,
mit denen Kaufleute Handel trieben.)
Später kamen über das Meer nacheinander weitere Herrscher: Portugiesen,
Holländer und Engländer. Wie üblich zogen sich die Eroberer wieder zurück, als
sie das Land hinreichend ausgeplündert hatten und eine weitere Anwesenheit rein
ökonomisch grober Unfug gewesen wäre.
Alle hinterließen ihre gewalttätigen Spuren und Merkmale ihrer Kultur.
Zwischen Singhalesen und Tamilen gab es von alters her nur Krieg und
gegenseitige Vernichtung. Erst seit einiger Zeit zeichnet sich auf beiden Seiten
der ernsthafte Wille für eine friedliche Koexistenz ab. Das geschieht erstmals
in der Geschichte des Landes. Eine historische Periode hat soeben begonnen,
deren Zeitzeugen wir sind. 25 Jahre Bürgerkrieg scheinen beendet zu sein. Unsere
besten Wünsche begleiten die Bürger von Sri Lanka. Wenn es den Menschen gelingt,
den Frieden zwischen den Volkgruppen dauerhaft zu sichern, wird aus der Träne
Indiens endlich wieder die Perle des Orients und das strahlend schöne Land, das
dann auch der Tourist richtig unbeschwert genießen kann.
Der schöne Osten der Insel und die übrigen Tamilengebiete waren in der
Vergangenheit gesperrt und kaum zu bereisen. Diese Teile Sri Lankas haben sich
nun für den Touristen geöffnet und warten auf die neuen Entdecker.
Was aber sind schon menschliche Irrungen, Verfehlungen und
Terror gegen die Gewalten, mit der die Natur zuschlagen kann?
Am 2. Weihnachtstag 2004 raste eine riesige Flutwelle auf die
Insel zu, tötete dabei auf einen Schlag etwa 40.000 Menschen und raubte zwei
Millionen die Wohnstatt. Es wird gewaltige Anstrengungen kosten, die entstanden
materiellen Schäden zu beseitigen und das entsetzliche Leid und die Trauer zu
verdrängen. Umso wichtiger ist es, dieses gestrafte Land weiterhin zu bereisen.
Denn erst aus den Einnahmen aus dem Tourismus wird vielen Menschen Arbeit und
Einkommen gegeben.
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Sri Lanka hat viel zu bieten:
- die herrlichen von Palmen gesäumten Strände des Indischen Ozeans, die
längst noch nicht alle touristisch erschlossen sind;
- die landschaftliche Vielfalt, die uns steppenähnliche Ebenen,
hochgebirgsnahe Landschaften und verschwenderisch fruchtbare Täler
zeigt;
- moderne Städte einerseits und daneben Dörfer, in denen die Zeit seit
Jahrhunderten stehen geblieben zu sein scheint;
- Städte, in denen man den Eindruck gewinnt, irgendwo in Holland oder
England zu weilen;
- eine gute touristische Infrastruktur.
Dazu kommt ein reiches kulturelles Erbe, das es zu besichtigen und zu
würdigen gilt. Außerdem gibt es überall diese freundlichen Menschen und
eine vielfältige üppig-tropische, von den Regeln des Monsuns geprägte
verschwenderische Vegetation.
Das alles macht Sri Lanka zu einem erstklassigen Reiseziel. Das erkannte
1293 schon Marco Polo, der schrieb: "...in ihrer Größe die beste Insel
der Welt."
Es können von mir auf Anhieb sehr viele Ziele genannt werden, deren Besichtigung
ausgesprochen empfehlenswert, ja zwingend notwendig ist. Der Tempel des Zahns in
Kandy ist so ein Beispiel:
Wenn Sie Ihre Kinder dabei haben, dann ist ein Besuch des
Elefanten-Waisenhauses in Pinnawela oberstes Gebot. In ihm werden verwaiste
Elefanten aufgezogen und für die Arbeit abgerichtet. Ein Höhepunkt ist das Bad
der Elefantenherde im nahen Fluss Maha Oya.
Sri Lanka hat wegen seiner überschaubaren Ausdehnung - die
Insel ist gerade so groß wie Bayern - den Vorteil, dass man sehr viele
Sehenswürdigkeiten in Tagesreisen erreichen kann, wenn man nicht gerade seinen
Urlaub in Galle oder Hikkaduwa, also im äußersten Süden verbringt.
Nur die Straßen zwischen den Städten und an den Küsten sind
recht gut ausgebaut; es wird links gefahren. Ob und welche Verkehrsregeln für
wen gelten, ist nicht immer zu erkennen. Meistens hat das Fahrzeug mit der
lautesten Hupe Vorrang. Sich ein Auto mit Fahrer zu mieten bietet sich deshalb
zwangsweise an. Das ist eine preiswerte und sichere Angelegenheit. Auch ist das
Abenteuer, mit der Eisenbahn zu fahren, nicht zu verachten. Beispielweise fährt
tagsüber von Colombo in Richtung Galle etwa alle 30 Minuten ein Zug, dessen
Passagiere vorwiegend in den geöffneten Außentüren stehen oder sitzen.
Für die Besichtigungen ist ein guter Reiseführer unerlässlich (z. B. der APA
Guide).
Wir wollen uns aber einem Ort nähern, der eine besondere Aufmerksamkeit
verdient: Sigiriya, der Löwenfelsen. Sigiriya ist ein zweihundert Meter hoher
Monolith in der sonst recht ebenen Landschaft hier in der Mitte Sri Lankas.
Vermutlich haben sich hier in "Lanka" schon zu grauer Vorzeit Ereignisse um den
Affengeneral Hanuman und Rama zugetragen. Das ist jedenfalls dem Ramayana, einem
großen indischen Epos, zu entnehmen. Soweit die Mythologie.
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Hier begab sich vor langer Zeit aber ein Ereignis, das verdient, immer wieder
erzählt zu werden, damit es der Nachwelt erhalten bleibt. Viele Nacherzählungen,
Deutungen und Interpretationen gibt es. Unzählige Wissenschaftler und
Geschichtenerzähler haben versucht, die Ereignisse um Sigiriya in ein
"richtiges" Licht zu rücken. Ich will hier die Historie so erzählen, wie sie
sich auch zugetragen haben könnte.
Es lebte einst König Dhatusena in Anaradhapura. Sein ältester Sohn war Kasyapa,
der einer Verbindung mit einer nichtadligen Nebenfrau entsprang. Ein anderer
Sohn entstammte der königlichen Linie mit der Hauptfrau Dhatusenas. Er war daher
königlichen Bluts und hieß Mogellana.
Kasyapa befürchtete wegen seiner niederen Abstammung, nicht Thronfolger werden
zu können. Bevor Dhatusena die Nachfolge regeln konnte, bemächtigte sich Kasyapa
seiner, legte ihn in Ketten und ließ ihn lebendig einmauern. Mogellana gelang
die Flucht nach Indien, wo er sich bemühte ein Heer aufzustellen, um sein Recht
auf die Thronfolge von seinem Bruder zu erstreiten.
Kasyapa lebte fortan in großer Angst. Er glaubte gottähnlich zu sein und war dem
Wahnsinn nahe. Daher beschloss er, hoch oben auf dem Felsen Sigiriya eine
Zitadelle zu errichten, die uneinnehmbar sein würde, weil von drei Seiten die
Felswände nahezu senkrecht zweihundert Meter in die Höhe stiegen. Die vierte
Seite führte zunächst zu einem Plateau, das sich auf halbem Wege zur Zitadelle
befand. Der Weg dorthin war über einen schmalen Pfad mit einer schützenden Mauer
aus spiegelndem Muschelkalk zu erreichen. Noch heute ist der Glanz an einigen
Stellen gut zu erkennen. Auf dieser Hochfläche, direkt an der Felswand, ließ
Kasyapa einen monumentalen Löwen errichten. Alle Besucher der Zitadelle mussten
zwischen den mehreren Meter hohen Löwenpranken hindurch, um über in den Stein
geschlagenen Stufen aus seinem Maul wieder herauszukommen. Danach konnte der
Gang über den steilen Fels zu dem Gipfel fortgesetzt werden. Das alles verlangte
viel Mut, denn der riesige Löwe wirkte einschüchternd. Ausdauer und Kraft waren
ebenso für die Bezwingung des Massivs erforderlich. Die Zahl der Besucher mag
sich so in Grenzen gehalten haben. Es ist nicht überliefert, dass Kasyapa jemals
Besuch von seiner Schwiegermutter erhalten hat.
Die Geschichte berichtet von einem hohe Palast aus Marmor, der oben auf Sigiriya
stand und von 477 bis 495 unserer Zeit Kasyapas Regierungssitz war. Sieben Jahre
wurde an ihm gebaut und achtzehn Jahre herrschte der König von hier aus. Die
Gegend um den Löwenfelsen wurde von ihm so weit das Auge reicht mit Parks,
Wasserspielen und Teichen geschmückt. Sie gelten noch heute als die ältesten
Parkanlagen Asiens. Am Horizont schimmerte ringsum der grüne Dschungel. Bei
Dunkelheit wurde die gesamte Anlage von Fackeln und Feuern beleuchtet. Das muss
schon von Ferne her ein überwältigender Anblick gewesen sein.
In einer halboffenen Höhle des Felsens befinden sich Malereien, die berühmten
barbusigen Wolkenmädchen von Sigiriya. In Tonfarben wurden vermutlich Nymphen
dargestellt, die im Himmel wohnen und über den Wolken thronen. Ursprünglich gab
es einmal 500 dieser Bildnisse, wir sehen jedoch nur noch 22. Auch nach 1500
Jahren sehen die in leuchtenden Farben dargestellten Fresken noch erstaunlich
frisch aus.

Verschiedene Quellen berichten von einem harmonischen Leben in
dem Reich des milden Herrschers Kasyapa.
Vermutlich sah Kasyapa im Jahre 495 von seinem Palast das Heer des Mogellana
nahen.
Der König begab sich mit seinen Kriegern hinab auf die Ebene
vor Sigiriya und traf dort auf die Übermacht seines aus Indien heimgekehrten
Halbbruders. Es kam zum Kampf. Als der Elefant Kasyapas versehentlich ausbrach
und weglief, war dieses das Signal für seine Getreuen, die Schlacht für verloren
zu halten und die Flucht zu ergreifen. Als der fassungslose Kasyapa das sah,
nahm er seinen Dolch, durchschnitt sich die Kehle, steckte den Dolch wieder in
die Scheide und starb. Warum Kasyapa und seine Getreuen die uneinnehmbare
Zitadelle auf dem Felsen Sigiriya verlassen haben, ist bis heute ein Rätsel.
Mogellana machte wieder Anaradhapura zur Hauptstadt.
Sigiriya wurde nicht sofort vergessen. Noch etwa bis in das Jahr 1000 zog der
Felsen Besucher an, die die Wandmalereien und die schöne Aussicht bewundern
wollten. Erst danach verschwanden Palast und Berg mehr und mehr aus dem
Gedächtnis der Menschen und gerieten letztendlich in Vergessenheit.
Erst neunhundert Jahre später wurde die Anlage durch Zufall
von einem britischen Jäger wiederentdeckt.
Heute ist von dem Palast auf der Spitze des Felsens nicht mehr viel vorhanden.
Dennoch lohnt sich der strapaziöse Aufstieg wegen der Fundamente und Fragmente
und nicht zuletzt wegen der einmaligen Aussicht über die schöne Landschaft. Nur
die Pranken des Löwen sind sehr gut erhalten und vermitteln einen
ausgezeichneten Eindruck von der Mächtigkeit dieser Figur.
Wenn Sie sich den vollständigen Aufstieg nicht zutrauen,
sollten Sie sich zumindest das Vergnügen gönnen, über die immer hoffnungslos
überfüllte schmale Wendeltreppe zu den Wolkenmädchen zu gelangen. Halten Sie
sich immer gut fest, denn es herrscht auf den wackelnden Tritten aus den
dreißiger Jahren Gegenverkehr und Gedränge. Wenn Sie sich bei den Mädchen
ausgeruht haben, ist es nicht mehr weit zu dem Plateau mit den Löwenpranken.
Dort müssen Sie entscheiden, ob Sie den weiteren Aufstieg auf die Spitze des
Berges wagen wollen.
Vieles lehrt uns diese Geschichte von Kasyapa.
Trotz seines Wahnsinns kann dieser König doch beispielhaft
sein für alle Regenten, die einen kleinen Zipfel der Erde beherrschen. Er
kämpfte seine Schlacht an der Seite, ja an der Spitze seiner Männer und wählte
den Tod, als die Niederlage unausweichlich war. Diese Handlungsweise war
offensichtlich bis zum Ende der Kreuzzüge so üblich. Den Tod hätte Kasyapa auf
jeden Fall gefunden, spätestens durch die Waffe seines Halbbruders. Wäre dieser
Tod aber dann auch noch so bedeutungsvoll, dass wir heute darüber berichten
würden? Auf der Erde gab und gibt es viele Herrscher, auch reichlich davon ohne
Verstand. Fast alle haben irgendwelche Kriege durchgeführt oder angestiftet und
konnten sich im Falle eines Sieges gnadenlos bereichern. Diese Kriege wurden
aber - zumindest in der neueren Zeit - immer aus einer sicheren Distanz von den
Schlössern, Regierungssitzen, Schanzen oder Camps, schön von dickem Beton
abgeschirmt und sicher aufbewahrt, geführt. Oder man hatte die Befehlsgewalt
Nachgeordneten übertragen. Für die Mehrung an Ruhm und Vermögen waren aber stets
wieder die Regierenden und ihre Lobbyisten zuständig. Das Kontobuch der Kriege
ist einfach zu führen: Der eine zahlt mit Leben und Gesundheit und bekommt
nichts, der andere kassiert. Wäre es heute noch wie zu Kasyapas Zeit Sitte, die
Potentaten, Könige, Präsidenten oder Minister an die Spitze ihrer Armeen zu
stellen, gäbe es vermutlich keine Kriege mehr.
Es ist doch irgendwie schade, dass die alte Zeit vorbei ist.
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Mit dem Wort Sri Lanka verbinden meine Gedanken Dschungel, Wasserfälle,
Strände, Palmen, jahrhundertealte Bewässerungssysteme, den Geschmack von
Reis, Tee und Curry, den Duft von Blüten und Gewürzen, das Funkeln von
Edelsteinen, alte Kulturen und fröhliche, immer freundliche Menschen.
Und leider auch Krieg und Wahnsinn!
Wann machen Sie sich auf den Weg, dieses Reiseparadies für sich zu
entdecken?
©Heinz Albers, 25.02.2003, aktualisiert 2008
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